Gertrud Feiertag

Sie wuchs zusammen mit ihren drei Geschwistern in einer gutsituierten assimilierten jüdischen Kaufmannsfamilie auf. Sie besuchte in Berlin von 1897 bis 1906 die Luisen-Schule. Folgend führte sie fünf Jahre den mutterlos gewordenen Familienhaushalt. Im Oktober 1911 trat sie in das renommierte Pestalozzi-Fröbel-Haus ein, wo sie eine Kindergärtnerinnen- sowie Jugendleiterinnenausbildung absolvierte. Im Sommer 1913 war sie als Helferin und im darauf folgenden Sommer des Jahres 1914 als zweite Leiterin im Kinder Erholungsheimes U.O.B.B. Zion-Loge XV. No. 360 Hannover auf Norderney tätig. Ostern 1920 übernahm Gertrud Feiertag die Leitung des Kindererholungsheims auf Norderney, dem 1921 eine Abteilung für schulentlassene Mädchen, zur Ausbildung in Kinderpflege und Hauswirtschaft angegliedert wurde. 1929 absolvierte sie, zusätzlich zu ihrer Arbeit in Norderney, noch den Studienkurs für Berufstätige (Vollstudium II) an der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit. Bereits zuvor hatte Gertrud Feiertag in den Wintermonaten der Jahre 1924/1925, 1925/1926 und 1926/27 Kurse an dieser Ausbildungsstätte besucht[1].

Mit finanzieller Unterstützung ihres Bruders kaufte sie in Caputh eine Villa, umgeben von einem großen Grundstück mit altem Baumbestand. Dort eröffnete die Pädagogin offiziell am 1. Mai 1931 ihr Jüdisches Landschulheim Caputh u. a. im Einvernehmen mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, das sie nach den Prinzipien der Reformpädagogik leitete. Schulischer Leiter war von 1932 bis 1936 Fridolin Friedmann und ab 1937 bis zur Schließung Ernst Ising.[2] In der Presse wurde immer wieder positiv von der Einrichtung berichtet, die bewusst von einer jüdischen Haltung getragen wurde:

„Im Mittelpunkt der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit steht die E r z i e h u n g zum J ü d i s c h e n, das alle Fächer zu durchsetzen vermag. Naturgemäß wird besondere Aufmerksamkeit den eigentlich jüdischen Gegenständen gewidmet: der jüdischen Geschichte, die in Verbindung mit der allgemeinen Weltgeschichte gelehrt wird, dem Hebräischen, dem vier Wochenstunden gewidmet sind, der Palästinakunde, die die Verbindung mit allgemeiner Geographie steht, und der jüdischen Gegenwartskunde, der besonders der regelmäßige Oneg Schabbat gewidmet ist. Die allgemeinen Fächer enthalten als Fremdsprachen Englisch und Französisch“